Weiterentwicklung der bisherigen Praxis für zusätzlichen Wohnraum bei einem Generationswechsel, wenn die Betriebsleiterin bzw. der Betriebsleiter noch nicht 60-jährig ist
Entsprechende Baugesuche wurden schon in der Vergangenheit geprüft. Bei der Beurteilung der «Absehbarkeit» wurde jeweils auf die 60ig-Jahre-Grenze verwiesen. Wenn andere Gründe für eine frühere Realisierung vorlagen (z.B. objektiver Bedarf aufgrund der Betreuungsintensität des Betriebes; gesundheitliche Einschränkungen usw.), konnte bereits früher Wohnraum realisiert werden. Die Altersgrenze von 60 Jahren ermöglichte eine einfache und für alle klare Handhabung in der Praxis. Damit wurde zudem eine einheitliche Praxis im Kanton Bern gewährleistet.
Es ist angebracht und rechtlich besteht auch ein Anspruch darauf, auf Baugesuche von Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern unter 60 Jahren einzugehen und diese zu prüfen. Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller sollen nicht einfach auf das Alter von 60 Jahren verwiesen werden. Zusätzlicher Wohnraumbedarf, worum es bei der Motion letztlich geht, kann aber nur geschaffen werden, wenn eine Betriebsübergabe stattfindet bzw. absehbar ist und die abtretende Betriebsleitung auch gewillt und in der Lage ist, den Altenteil zu beziehen. Eine gemeinsame Betriebsführung der abtretenden und der
nachfolgenden Generation mit Erstellung von zusätzlichem Wohnraum ist nur möglich, wenn der landwirtschaftliche Wohnraum für den Betrieb unentbehrlich ist und die abtretende Generation auf dem fraglichen Betrieb lange Zeit gelebt und tatsächlich mitgearbeitet hat.
Ist die abtretende Betriebsleiterin oder der abtretende Betriebsleiter jünger als 60 Jahre, kann nicht grundsätzlich angenommen werden, die Voraussetzungen für einen Generationenwechsel seien erfüllt. Die Hürden sind höher, aber nicht unmöglich, um die Voraussetzungen des RPG für die Betriebsübergabe zu erfüllen. Deshalb ist hier eine vertiefte, einzelfallweise Prüfung des Baugesuchs vorzunehmen. Jeder Fall muss einzeln geprüft werden, unter Berücksichtigung der jeweiligen Verhältnisse und Bedürfnisse.
Neben den Grundvoraussetzungen an zonenkonformen Wohnraum (z.B. mind. 1 SAK, kein vermieteter Wohnraum) müssen in allgemeiner und grundsätzlicher Weise folgende Voraussetzungen kumulativ gegeben sein:
a. Die übernehmende Generation (zukünftige Betriebsleiterin oder
zukünftiger Betriebsleiter) hat eine landwirtschaftliche Ausbildung bereits
abgeschlossen (Voraussetzungen an den Bezug von Direktzahlungen
werden erfüllt) oder diese begonnen und der Abschluss ist absehbar.
b. Der Betrieb wird auch nach dem 65. Lebensjahr der Betriebsleiterin oder
des Betriebsleiters weitergeführt (der längerfristige Bestand nach Art. 34
Abs. 4 Bst. c RPV ist gegeben und als Zeithorizont für den längerfristigen
Bestand gelten ca. 15 Jahre und mehr) und auch nach der
Betriebsübergabe sind die grundsätzlichen Voraussetzungen an
zonenkonformen Wohnraum erfüllt.
c. Die Hofübernahme oder die Gründung einer Generationengemeinschaft
erfolgt spätestens in den nächsten 2 bis 3 Jahren und die Übergabe des
Hofs ist damit absehbar (je jünger die abtretende Generation ist, desto
wichtiger ist dieser Punkt).
d. Die übernehmende Generation leistet zum Zeitpunkt der
Baugesuchseingabe mehr als die Hälfte der Arbeit auf dem Betrieb.
Massgebend für die Beurteilung ist die geleistete Wochenarbeitszeit
(Nachweis mittels Arbeitskraftbilanz erforderlich).
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